Kinder- und Jugendhospizarbeit in Corona-Zeiten: Interview mit Malteser Kinderhospizhelferin

Anita Quitschau aus Ochsenfurt ist seit 2004 ehrenamtliche Hospizbegleiterin für schwerstkranke und sterbende Kinder und Jugendliche und deren Familien

Anita Quitschau aus Ochsenfurt bei Würzburg ist seit 2004 ehrenamtliche Malteser Hospizhelferin und seit 2006 schwerpunktmäßig Kinderhospizhelferin. Die 62jährige Standesbeamtin hat derzeit zwei Begleitungen von Kindern mit lebenszeitverkürzenden Erkrankungen und geistigen Behinderungen: die 22jährige Lena und den 11jährigen Tom (Namen wurden geändert). Das Gespräch führte Christina Gold.

 

Wie geht’s Ihnen denn in diesen Zeiten?

Wenn ich ehrlich bin: echt mies. Wir dürfen ja seit Wochen nicht mehr zu unseren begleiteten Kindern. Letztens hatte Tom Geburtstag. Ich habe mit dem Vater telefoniert – das tue ich übrigens regelmäßig – und wollte Tom gratulieren. Der Vater hat das Telefon an Tom weitergegeben und mir berichtet, wie er reagiert, dass er wohl meine Stimme erkennt. Denn selber sprechen kann Tom nicht mehr. Das war echt hart für mich. Auch mit der Familie von Lena stehe ich in Kontakt, aber die Mutter ist alleinerziehende Witwe und hat grad vor allem auch finanzielle Sorgen. Mit Lena könnte ich zumindest über Textnachrichten kommunizieren, aber was ist das schon?

 

Wie laufen Ihre Besuche normalerweise ab?

Tom kann ja nicht mehr sprechen, da geht ganz viel über Mimik, Gestik – und Körperkontakt, den er ganz speziell auch einfordert. Wenn ich ihm ein bestimmtes Bilderbuch vorlese, kann er schon mal aus vollem Herzen lachen. Bei Tom ist meine Begleitung vor allem auch gut für die Eltern. Mit Lena habe ich auch viel Spaß, wir rätseln oder spielen zusammen. Trotz ihrer geistigen Behinderung kommen von ihr selber aber immer wieder so Fragen, die sehr tiefgehend sind – auch nach Sterben und Tod zum Beispiel. Und da muss man in dem Moment da sein, drauf eingehen können, denn im nächsten Augenblick kann das „Gesprächsfenster“ schon wieder zu sein. Und genau das ist es ja, was eine Begleitung ausmacht.

 

Wie stellen Sie sich ihre Begleitung vor, wenn Sie wieder zu ihren Schützlingen können?

Immer und immer wieder denke ich darüber nach, was ich für die beiden tun kann, wenn es wieder geht. Aber ich stoße immer wieder an die gleichen Grenzen: Masken und Abstandhalten erschweren Kommunikation über Mimik und Körperkontakt sehr. Was soll ich denn machen, wenn Tom mir seine Arme hinstreckt und mich umarmen möchte? Er versteht das Ganze ja gar nicht. Selbst Lena, die ja älter ist, reagiert wohl auf diese Regeln mit Aggressivität. Und ich habe sie noch nicht aggressiv erlebt. Das ist wirklich eine sehr schwierige Zeit. Aber ich hoffe sehr, dass es irgendwie möglich sein wird, denn ich vermisse die beiden schon.


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